Mit Ali G Fan nach Teheran

Mein Ziel war heute per Anhalter nach Teheran zu kommen. Der grosse Bruder meines Freundes brachte mich netterweise zur Autobahn. Und fuhr dann noch gleich zur nächsten Mautstelle. Da dort die Autos anhalten und bezahlen müssen, ist es deutlich einfacher mit den Fahrern ins Gespräch zu kommen. Kaum war ich ausgestiegen, hielt ein Fahrer neben uns an und sprach uns an. Ja, er fahre nach Teheran. Gerne könne ich mit ihm mitfahren. Das erste Auto und gleich eine direkte Fahrt ans Ziel, so ein Glück. Payam, ein unterhaltsamer Geschäftsmann, handelt aktuell mit Luxus Meeresfrüchten. Morgen werde er ausserhalb von Teheran potentielle Kunden aus Russland treffen. Während der Fahrt zeigte er mir alle seine Lieblingsvideos von Ali G bzw. Sacha Baron Cohen und verriet mir seine persönliche Meinung zur politischen Lage im Iran. Dabei nahm er Bezug auf Dokumente, welche auf Wikileaks einsehbar seien.

Ein Larry King Interview mit Sacha Baron Cohen in der Rolle des Diktators, welche er 2012 im Comedy Film der Diktator spielte. Sacha Baron Cohen ist auch bekannt in den Rollen von Ali G, Bruno oder Borat.

Als wir das erste Mal kurz anhielten, stellten wir fest dass eines der Vorderräder etwas wenig Luft hatte. Bei der nächsten Raststätte war ein Automechaniker. Payam wollte das Reserverad aus dem Kofferraum holen. Doch dieses war nicht da. Er hatte es zuhause in der Garage vergessen. Der Mechaniker wollte ihm einen anderen gebrauchten Reifen verkaufen. Doch Payam wollte einen neuen.

Suche nach einem Reifenhändler

Payam liess den defekten Reifen auf die Hinterachse montieren und vollpumpen. Dann fuhren wir so schnell und vorsichtig wie möglich in die nächste Stadt, Zanjan, um einen Reifenhändler zu finden. Es war Freitag, der Sonntag im Iran. Die Händler nahe der Hauptstrasse hatten Ihre Läden geschlossen. Fast im Zentrum und mit beinahe plattem Reifen, fanden wir schliesslich einen Reifenhändler. Nun sah ich das erste Mal, wie man Autoreifen auf Felgen montiert. Payam kaufte sich zwei neue Vorderreifen und ein günstiges Reserverad. Es war später Nachmittag. In der Nähe von Qazvin nahm der Verkehr zu. Mit der Navigations- App Waze fand Payam jedoch eine Ausweichroute. Später gerieten wir trotzdem in den stockenden Verkehr. Payam brachte mich netterweise zur ersten Metrostation am Stadtrand. Von hier waren es nur noch wenige Stationen bis Sharif Universität, der ausgemachten Metrostation. Hier wartete bereits meine Gastgeberin Soodeh auf mich.

Zuhause in Teheran

Soodehs Familie wohnt im zweiten Stock eines dreistöckigen Mehrfamilienhauses. Einst war das Quartier am Rande von Teheran. Inzwischen ist die Stadt jedoch mit der Nachbarstadt zusammen gewachsen. Da die Eltern gerade eine Weile beim Grossvater zu Besuch waren, durfte ich unkompliziert und entgegen traditioneller Sitten bei Soodeh und ihren zwei Schwestern übernachten. Die einzige Herausforderung war, nicht von den Nachbarn gesehen zu werden. Bevor ich das Treppenhaus betrat, kontrollierte Soodeh jeweils, ob die Luft rein sei. Es sollte ein Geheimnis bleiben, dass ich zu Besuch war. Die neugierigen Nachbarn im ersten Stock hätten möglicherweise die Eltern informiert und Soodeh in unnötige Schwierigkeiten gebracht. Zwischen den Generationen klaffen die Ideen über Tradition und Moderne stark auseinander. Und das Gesetz ist im Iran klar auf der Seite der religiösen Tradition.

Vorbereitungen für ein kleines Fest

Trotz den neugierigen Nachbarn wollten die drei Schwestern sich die Chance einer sturmfreien Bude nicht entgehen lassen. Samstagabend war somit eine Party angesagt und Freunde eingeladen worden. Bei früheren Home-Parties stand Soodeh meist einen ganzen Tag in der Küche, um für die Gäste zu kochen. Diesmal allerdings hatte sie entschieden alle Gäste darum zu bitten etwas zum Essen oder zum Trinken mitzubringen. Soodeh war etwas unsicher, ob wohl auch genug Essen zusammen kommen würde. Daher bereitete ich für das Buffet aus dem Vorrat im Kühlschrank einen grünen Salat und einen Reissalat zu.

Ein illegales Treffen unter Freunden

Ab sieben Uhr kamen die ersten Gäste und gegen 23 Uhr gingen die ersten wieder nach Hause. Dazwischen wurde geredet, gespielt, getanzt und schliesslich gegessen. Mit Soodeh‘s bestem Freund diskutierten wir die beste Route den Iran in drei Wochen zu bereisen. Um zwei Uhr waren die letzten Freunde gegangen. Es war in meinen Augen ein ganz normales Zusammenkommen unter Freunden, allerdings im Iran total illegal. Es ist verboten nicht lizenzierte bzw. unzensurierte Musik zu hören, geschweige denn dazu zu tanzen oder sich als Frau ausserhalb der Familie ohne Kopftuch zu zeigen.

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This article was written by Dominique

Als Reise Coach ist Dominique leidenschaftlich dabei, das Know-How rund um das langsame Reisen für alle Reisebegeisterte frei zugänglich zu machen. Er sieht faires und klimaverträgliches Reisen als Beitrag zum Frieden. Jede und jeder soll langsam und achtsam reisen lernen können – kostenfrei und unkompliziert.

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