Nach Rahim yar Khan auf Umwegen

Am Morgen brachte uns Qamar an die Hauptstrasse am Dorfrand. Dort standen viele Traktoren mit grossen Anhängerndie mit Zuckerrohr beladen waren. Autos hielten wenige an. Nach fast einer Stunde warten, kam ein Auto aus dem Dorf. Zwei Männer nahmen uns bis nach Rahim yar Khan mit. Unser Ziel war, mit einem ganzen Tag trampen bis nach Heyderabad, einer Stadt bei Karachi im Süden von Pakistan zu fahren. Doch es kam anders.

Nach einer Stunde Warten, fast bis nach Sukkur gefahren

In Rahim yar Khan standen wir am Strassenrand als drei Brüder anhielten und uns mitnehmen wollten. Sie würden nach Sukur fahren. Dies lag am Weg, also liessen wir uns mitnehmen. Die Brüder erzählten, dass sie zusammen ein Geschäft für Metallbau führen. Gerade seien sie unterwegs zu einer Sitzung, um Details zu einer Ausschreibung zu erfahren. Plötzlich bogen sie ab und fuhren nach Westen statt nach Süden.

Ein Stück freie Fahrt auf dem CPEC

Auf unsere Nachfrage hin erklärten sie, dass sie zum CPEC (China Pakistan Economic Corridor) fahren würden. Das chinesisch pakistanische Wirtschaftskorridor-Projekt ist ein Teil der neuen Seidenstrasse. Es sieht nebst dem Bau eines Autobahnnetzwerks auch den Ausbau der Eisenbahn und Glasfaser Infrastruktur vor. Wir fuhren nun auf ein provisorisch eröffnetes Stück Autobahn des CPEC. Die Autobahn war eigentlich fertig gestellt. Einzig die Autobahn-Raststätten waren noch provisorisch. Am Ausmass der ausgesparten Fläche für die Raststätten wurde klar, mit welch einem immensen Verkehrsaufkommen auf dieser Achse dereinst gerechnet wird. Es wird ein Teil der neuen chinesischen Seidenstrasse werden. Eine Alternative zur Verschiffung der Exportgüter über das chinesische Meer oder den Export durch Kasachstan. Durch Pakistan werden die Güter von China dereinst direkt an den neuen internationalen Frachthafen von Gwadar in der Provinz Baluchistan gebracht und von dort durch den persischen Golf verschifft.

Ein grosser Umweg zurück nach Rahim yar Khan

Der älteste der Brüder war am Steuer. Später stellte sich heraus, dass er der einzige der drei war, der keinen Führerausweis hat. Er wollte uns gerne zu sich nach Hause einladen. Rahim yar Khan sei nicht weit von der Wüste. Wir könnten mit ihnen kommen und mit ihnen am Abend in der Wüste picknicken gehen. (Nachtrag: Dies war sein Vorschlag. Doch am Ende des Tages zeigte sich, es war eher seine Wunschvorstellung und sie ging im Verlauf des Tages vergessen.) Picknicken in der Wüste, da war es immer schwer nein zu sagen. Zudem waren wir schon ziemlich spät dran, um es noch bis nach Heyderabad zu schaffen. Wir entschlossen uns das Angebot der Brüder anzunehmen. Jetzt würden wir mit ihnen etwas nach Süden und dann wieder zurück fahren. Ich war hinten im Auto eingeschlafen. Kurz nachdem ich aufwachte, waren wir an ihrem Zielort.

Fast in Sukkur angekommen

Noch vor der Öffnungszeit des Mc Donald hatten wir die Sonderwirtschaftszone erreicht. Ausländer hätten hier keinen Zutritt und auch Pakistaner seien nur auf Einladung willkommen. Der älteste Bruder wollte nun plötzlich mit uns warten, statt mit seinen beiden Brüdern an die Sitzung zu gehen. Die zwei könnten dies gut ohne ihn, so könne er uns Gesellschaft leisten. Wir setzten uns also mit ihm in den Wartesaal eines Busunternehmens. Das Gespräch mit ihm gab Aufschluss über seine Weltanschauung. Er war ein sehr freundlicher Mann. Daher war es ihm schwer abzukaufen, dass er sich und seine Kinder für den heiligen Krieg bereithalte.

Gastgeber in Rahim yar Khan
Der freundliche Man im roten ärmellosen Pullover im Haus indem er mit seinen Brüder und dem Vater lebt.

Dass er jederzeit bereit sei in den Krieg gegen die ungläubigen Heiden zu ziehen. Heiden seien alle, die nicht einer monotheistischen Religion, wie dem Judentum, Christentum oder dem Islam angehörten. Längerfristig gehörten sie getötet und deren Land erobert. War dies nun wirklich seine tiefe Überzeugung oder wiederholte er einfach heroisch eine Propaganda? Ich fragte hier und da etwas nach, liess aber meine Abscheu gegenüber diesem Gedankengut nicht durchblicken. Es war offenbar seine Meinung. Wollte er schauen, was ich dazu meine? Vielleicht.

Cheeseburger und Pommes im Mc Donald

Als die Brüder zurück kamen gingen wir in den Mc Donald. Sie bestellten gleich für uns mit und so sassen wir bald um einen runden Tisch mit Burger, Cheeseburger und Pommes und einer riesigen Flasche Coca Cola. Wir bedankten uns herzlich für die Einladung. Kurz darauf brachen wir wieder auf. Seit Monaten war ich nicht mehr in einem Mc Donald gewesen. Faszinierend und erschreckend war wie einheitlich das Essen und die Einrichtung weltweit ist. Die Sitzung sei gut gelaufen, sagten die Brüder. Viel hatten oder wollten sie allerdings nicht erzählen. Sie fragten uns nach unserer Familie und wir fragten sie nach ihren Familien.

Zwischendurch versuchte ich etwas in meinem Buch zu lesen. So verging die Fahrt. Nach einer Weile stellten wir fest, dass sie für den Heimweg eine andere Route gewählt hatten. Auf dem CPEC gebe es eben noch keine Tankstellen. Am Ende mussten wir tatsächlich das Auto die letzten Meter zur Tankstelle stossen. Dann ging die Fahrt zurück mit ihnen nach Rahim yar Khan. Dort hatten sie jedoch noch dies und das zu erledigen und so kamen wir erst am frühen Abend gerade beim Eindunkeln bei ihnen zuhause an.

Doch kein Picknick in der Wüste

Dass wir heute nicht mehr in die Wüste gehen würden war nun klar. In der Eingangshalle des grossen Hauses sitzend, kamen die Mitglieder von allen Familien vorbei und begrüssten uns. Da waren die Grosseltern und drei Ehefrauen, Kinder und eine Angestellte. Am Abend half uns der eine Bruder ein Zugticket nach Lahore zu kaufen. Wir meinten einen Zug gewählt zu haben, welcher von Lahore weiter nach Islamabad fährt. Denn je nachdem ob die Indien Visum-Agentur uns den Pass nach Lahore schicken würde oder eben nicht, müssten wir weiter nach Islamabad. Leider wählte der hilfsbereite Bruder nicht Islamabad via Lahore, sondern hatte verstanden, dass wir sowieso nach Islamabad wollten.

Interview mit Lokalfernsehen

Als wir beim Frühstück sassen kam ein Neffe zu Besuch. Er brachte einen Freund mit. Dieser hatte ein Ipad und Mikrofone. Wie geahnt wurden wir bald für ein Interview gefragt. Die Fragen waren ähnlich wie die Fragen, die mir der letzte Gastgeber für sein Selfie Video gestellt hatte. Dieses Video würde aber auf Facebook landen. Später kam die Schwester des Gastgebers vorbei. Sie sei Mitglied der Regierungspartei. Sie beschenkte Soodeh mit einem Fingerring. Soodeh probierte noch die Hochzeitskleider der Ehefrauen an. Um die Ecke kannte einer der Brüder einen Schneider, dieser flickte mir meine Hosen. Gegen 15 Uhr wurde es in der Strasse sehr laut. Es war Schulschluss der Knabenschule. Die Mahlzeit am Abend schmeckte vorzüglich.

Abendessen in Rahim yar khan
Fast alle unsere pakistanischen Lieblingsgerichte auf einmal: ganz links mein Favorit: Saag (wie Spinat nur besser).

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This article was written by Dominique

Als Reise Coach ist Dominique leidenschaftlich dabei, das Know-How rund um das langsame Reisen für alle Reisebegeisterte frei zugänglich zu machen. Er sieht faires und klimaverträgliches Reisen als Beitrag zum Frieden. Jede und jeder soll langsam und achtsam reisen lernen können – kostenfrei und unkompliziert.

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