Drittes Mal Autostoppen Xiang Sheng nach Litang (理塘县)

Gegen sieben Uhr standen wir auf und machten uns bald auf den Weg von Xiang Sheng nach Litang. Um ein dickes Fladenbrot reicher, erreichten wir einige hundert Meter weiter die richtige Abzweigung nach Litang. Es dauerte nur knapp zehn Minuten und schon hielt ein Autofahrer an. Er stieg aus, nahm ganz gemütlich unsere Rucksäcke und verstaute sie im vollgeladenen Kofferraum. Zunächst schien es im Auto einen Platz zu wenig zu geben, denn mit dem Fahrer waren sie bereits zu viert. Im Kofferraum liess sich jedoch noch ein Sitz aufklappen. Da Tama die kürzeren Beine hat, bot es sich an, dass sie versuchte, es sich in dieser hintersten Reihe gemütlich zu machen, während sich Dominique zu den beiden Passagieren auf der regulären Rückbank quetschte.

Die Fahrt im Kofferraum war für Tama unangenehmer als vermutet. Das links von ihr aufgetürmte Gepäck bereitete Tama in scharfen Linkskurven grosses Unbehagen. Durch das Anbinden des Gepäcks stieg das Wohlbefinden und Sicherheitsgefühl wieder an. Der Fahrer liess auf dem Display der Soundanlage des Geländewagens eines chinesischen Herstellers laute Techno-Videoclips laufen. Bis auf die Dame auf dem Beifahrersitz, rauchten alle zwischendurch Zigaretten bei halb offenem Fenster. Auch uns wurden Zigaretten angeboten. Wir lehnten aber dankend ab.

Nochmal zurück fahren?

Im ersten Moment dachten wir, dass es sich wohl um eine Familie auf Reisen handelt. Eine Weile später wurde der Fahrer angerufen und er drehte dann mitten auf der Strasse um. Erstaunt fragten wir unsere Sitznachbarn, warum wir umkehren würden. Wir erfuhren, dass offenbar noch ein Mitreisender abgeholt werden sollte. Wo dieser noch sitzen würde, war uns aus der Erfahrung im Sammeltaxi aus Kambodscha bereits klar. Bald konnten wir jedoch verschnaufen, der Fahrer erhielt erneut einen Anruf, fluchte wahrscheinlich kurz und änderte die Fahrtrichtung erneut. Wahrscheinlich hatte der vermeintliche Passagier gerade wieder abgesagt.

Doch in einem Taxi gelandet?

Es dämmerte uns, dass wir wohl in einem Sammeltaxi sassen. Auf Nachfrage beim Sitznachbarn erfuhren wir, dass dieser selbstständig unterwegs war und niemand mit dem Fahrer verwandt sei. Die Mitfahrenden wollten alle via Xiang Sheng nach Litang bis nach Chengdu fahren und hatten einen Fahrpreis vereinbart mit dem Fahrer. Ob wir wohl auch zahlen müssten? Beim Einsteigen hatte uns der Fahrer nichts dergleichen angedeutet. Wir nahmen uns vor, ab jetzt vor dem Einsteigen konkret nachzufragen. Unser Sitznachbar meinte, dass wir wohl etwa je 50 RMB zahlen müssten. Das war immer noch weniger als ein Busticket und somit für uns mit dem Trampergedanke vereinbar.

Ein langer ungeplanter Halt

Plötzlich standen wir in einer geparkten Fahrzeugkolonne und konnten nicht weiterfahren, da die Strasse gesperrt war. Wir erfuhren dann von Passagieren anderer Autos, dass wir wegen Strassenerneuerung etwa 2,5 Stunden warten müssten. Was macht man so lange in Nirgendwo? Dominique entdeckte unter dem Sitz einen Feldstuhl und setzte sich damit an den Strassenrand an den rauschenden Bergbach und setzte die Lektüre seines Buches fort. Tama, wahrscheinlich müde von der Reisetablette, schlief eine Weile. Später spazierten wir an der Strassensperre vorbei.

Da die Strasse viel weiter unten gesperrt war als sich die Baustelle befand, sahen wir gar nicht was das Problem war. An der Baustelle angekommen, wurden wir von Bauarbeitern darauf hingewiesen, dass wir weiter oben etwas zu essen kaufen könnten. Wir folgten diesem Hinweis. In einem kleinem improvisierten Laden in einer Baracke kauften wir Kekse, gesalzene Kichererbsen und Küchlein mit Füllung. Der ganze Einkauf kostete weniger als eine Packung Chips in Xiang Sheng gekostet hatte. Die Preise waren wohl an die Gehälter der Bauarbeiter angepasst.

Endlich wird der Weg wieder freigegeben

Gegen Mittag kam ein ganzer Trupp von Baufahrzeugen angerollt. Als diese neben der Fahrzeugkolonne geparkt waren, ging die Fahrt bald weiter. Da wir jetzt knappe 2,5 Stunden verloren hatten, versuchte unser Fahrer durch schnelles Fahren Zeit aufzuholen. Er fuhr über den holprigen Bergpass wie ein Verrückter. So, dass es Tama angst und bange wurde. Sie schloss die Augen um keine Angst mehr zu haben. Bei graden Strecken gab der Fahrer ordentlich Gas nur, um in letzter Sekunde bei der nächsten Kurve wieder zu bremsen. Glücklicherweise konnte der Fahrer die etwas vernünftigeren Fahrer vor uns auf der engen Strasse nicht überholen. Dominique störte sich weniger am Fahrstil, denn er war mit dem Fotografieren der schönen Landschaft beschäftigt.

Die Strasse führt zweimal über einen hohen Pass

Die Landschaft schien sich selbst überbieten zu wollen. Eine spektakulär schöne Aussicht folgte auf die nächste. Kurz nach dem wir den 4708 Meter hohen Kuluke Pass hinter uns gelassen hatten, ging es bereits wieder auf einen knapp 4600 Meter hohen, weiteren Pass. Ab Sangdui wurde die Fahrt wieder etwas gemächlicher und wir stoppten gegen drei Uhr, um ein Mittagessen in einem Restaurant einzunehmen. Es schien als würde der Fahrer die Wirtin gut kennen, denn die beiden wirkten sehr vertraut und machten viele Spässe. Nun war es noch etwa eine halbe Stunde Fahrt bis Litang. Dort angekommen, stiegen wir aus. Der Fahrer fragte zu unserem Erstaunen nicht nach Geld und fuhr schnell weiter in Richtung Chengdu. Für ein Abschiedsfoto reichte es deshalb diesmal nicht. Wir waren froh, heil angekommen zu sein nach dieser abenteuerlichen Fahrt von Xiang Sheng nach Litang.

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This article was written by Dominique

Als Reise Coach ist Dominique leidenschaftlich dabei, das Know-How rund um das langsame Reisen für alle Reisebegeisterte frei zugänglich zu machen. Er sieht faires und klimaverträgliches Reisen als Beitrag zum Frieden. Jede und jeder soll langsam und achtsam reisen lernen können – kostenfrei und unkompliziert.

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