Litang (理塘县) – Geburtsstadt des siebten Dalai Lama

Nach der Ankunft in Litang liefen wir zuerst planlos durch die Gegend nahe unseres Ankunftsortes. Diese bestand aus grosszügigen Grundstücken. Darauf waren bescheidene Steinhäuser inmitten grosser Gärten hinter unterschiedlich hohen Mauern versteckt.

Erneuter Versuch in einer Stadt zu zelten

Beim Anblick der Gärten in Litang hatten wir bald die Idee, dass es schön wäre, in einem solchen Garten unser Zelt aufschlagen zu dürfen. An einem Gartentor sassen zwei ältere Damen mit zwei kleinen Kindern. Sie lächelten uns herzlich entgegen. Ihre Zähne waren gezeichnet von Karies und ihre Kleider abgewetzt und staubig. Sie winkten uns, also versuchten wir mit ihnen zu kommunizieren. Unseren goldenen Brief konnten sie leider nicht lesen. Wahrscheinlich beherrschten sie ausschliesslich die tibetische Sprache.

Somit war es uns nicht möglich sie zu fragen, ob wir in ihrem Garten zelten dürften. An der nächsten Strassenecke sahen wir über eine etwas weniger hohe Mauer eine junge Frau, die uns zuwinkte. Wir winkten zurück und blieben am Gartentor stehen, bis sie mit ihrer Schwester zu uns kam. Nun zeigten wir ihr den goldenen Brief. Sie konnte ihn lesen. Danach fragten wir explizit mit Gesten und Bilderbuch, ob wir unser Zelt hier im Garten aufstellen könnten. Die beiden gingen nun zurück zum Haus und fragten wohl jemand, ob dies möglich sei. Einen Augenblick später, sahen wir ihr übermütig freudiges Gesicht und hörten sie „Yes“ rufen. Mit Freude über unser Glück, betraten wir den Garten und begannen sofort unser Zelt aufzustellen.

Litang Camping
Unser Zelt im Garten unserer Gastgeber in Litang von Ihrem Wohnzimmer aus gesehen.

Besuch des Nachbarn unseres Gastgebers

Wir waren gerade fertig, da erschien ausserhalb der Gartenmauer ein Nachbar mit langen, schwarzen, leicht gewellten Haaren und Cowboy Kleidung. Wir verstanden nicht genau, was er von uns wollte. Eine Weile später kam ein Mann im Mönchsgewand aus dem Haus unserer Gastgeber. Er sprach mit dem Mann und deutete uns schliesslich, dass wir doch mit ihm mitgehen sollten, um ein Foto zu machen. Es zeigte sich, dass er uns zu sich einladen wollte. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn wir unser Zelt bei ihm aufgestellt hätten. Er zeigte uns seinen Garten und lud uns dann zu warmem Wasser in seine Stube ein. Zuhause waren eine seiner Töchter und ihr Sohn. Die Tochter war, wie hier weit verbreitet. ganz weiss geschminkt im Gesicht.

zu besuch bei den Nachbarn
Beim Nachbarn, welcher uns umbedingt zu sich einladen wollte. Rechts im Bild sein Grosssohn mit einer seiner Töchter. Diese ist wie hier üblich und Mode im Gesicht weiss geschminkt.

Der Sohn war zuerst etwas ängstlich der zwei ungewöhnlichen Eindringlingen wegen, zeigte sich aber bald unbeeindruckt und spielte weiter. Als er auf die Bank zu klettern versuchte, sahen wir, dass er eine Hose mit Schlitz im Schritt trug. Nun hatten wir eindeutig gesehen, dass es ein Junge war. Der Grossvater zeigte uns mehrmals stolz seine Orden, Familienfotos und Ausweise. Wir erzählten ihm mit dem Bilderbuch und unserem Globusball, woher wir gekommen sind und wohin wir weiter reisen würden. Dann versuchte er uns erneut zu überzeugen, die nächste Nacht bei ihm im Garten zu nächtigen. Nach einer Weile gemeinsamen Lachens und Fotos machen, verabschiedeten wir uns wieder und gingen zurück zum Garten, wo unser Zelt stand.

Tee trinken mit der Gastgeberfamilie

Dort wollten wir nun unsere Gastgeber-Familie begrüssen gehen und uns mit einem Souvenir-Magneten aus Vietnam für ihre Gastfreundschaft bedanken. Diese stellte sich als noch grösser heraus, als wir es je vermutet hätten. Kaum waren wir in ihrem Wohnraum abgesessen, kochten der Mönch und die zwei jungen Frauen Yakbutter-Tee. Eine Weile später kehrte der zweite Mönch, welcher sich ebenfalls als Onkel der beiden jungen Frauen entpuppte mit Yack-Käse und einem Beutel salziger Fladengebäcke zurück. Später stellten sie noch Bonbons dazu. Unser Gespräch fand im Dreieck statt. Wir sprachen in einfachem Englisch mit den jungen Frauen (16 und 25) und diese erzählten den beiden Onkel, was sie verstanden hatten, auf tibetisch.

Tee und Brot
In der Stube unserer Gastgeber stand ein Tisch mit einer eingebauten Herdplatte zum Tee Warmhalten.

Derweil wurde uns der Pappbecher immer wieder mit Yakbutter-Tee aufgefüllt. Nachdem der ältere Mönch selbst vom Yakbutter-Tee getrunken hatte, holte er eine Flasche mit gefrorener Yakmilch und schüttete diese, als sie etwas aufgetaut war, in die Teekanne. Wahrscheinlich war er nicht zufrieden mit dem Tee oder meinte, wir wären nicht zufrieden. Er leerte Tamas Becher, um ihn gleich danach, mit dem aufgemotzten Tee zu füllen. Wir mochten den Tee. Er schmeckte im Grunde wie English Breakfast Tea mit Milch und anders als in Shangri-La viel weniger intensiv nach böckeliger Yakbutter.

Die öffentliche Toilette der Nachbarschaft

Als Tama später aufs Klo musste, stellte sich heraus, dass es angeblich kein Klo im Hause gibt. Die jüngere Frau begleitete Tama zu einer etwa fünf Fussminuten entfernten öffentlichen Toilette. Tama bemerkte auf dem Weg dorthin, dass die Frau immer beschämt auf den Boden schaute. Das öffentliche Klo ist ein Plumpsklo mit mehreren türlosen Abteilen. Erstaunlicherweise stinkt es jedoch überhaupt nicht.

Der Start der Sommerferien

Im Gespräch mit den beiden Töchtern vernahmen wir, dass gerade die Sommerferien begonnen hatten. Die ältere Tochter hat den „High-School“ Abschluss. Die jüngere muss noch eine Weile die Schulbank drücken. Dort lernen sie chinesisch. Zuhause aber sprechen sie jedoch Tibetisch. Die jüngere Tochter machte brav Hausaufgaben.

Kommunizieren mit Standardsätzen

Später fragten sie uns, ob wir auch nach Lhasa reisen würden. Wir erklärten ihnen, dass dies ausländischen Individualtouristen untersagt ist. Dann erzählten sie uns, dass auch sie nicht dorthin könnten, da sie keine entsprechenden Ausweise besitzen würden. Anscheinend können auch sie nicht in andere Länder reisen. Sie sind sozusagen eingesperrt in der Region Litang in China. Als wir später mit dem einen Mönch alleine waren, nahm er ein Buch aus dem Regal mit nützlichen Sätzen in drei Sprachen: Chinesisch, Tibetisch und Englisch. Ab und zu fanden wir darin einen passenden Satz und konnten so ein wenig zusammen weiter kommunizieren bis wir müde wurden und ihm andeuten mussten, dass wir uns im Zelt ausruhen wollten.

Eine Magenverstimmung

Leider kam Tama nicht wirklich zur Ruhe und begann bald im Zelt einen Plastikbeutel voll zu erbrechen. Ob ihr wohl die Yak-Milch nicht gut bekam? Der Appetit kam jedoch bald zurück. Die Auberginen, die wir uns später in der Stadt zum Abendessen bestellten, waren die besten, die wir auf dieser Reise je gegessen hatten.

Eine kühle Nacht im Zelt

Beim Schlafen auf über 3000 Metern, wurde es im Zelt etwas kalt. Insbesondere auch, weil eine der Luftmatratzen bereits leckte. Dominique musste diese mehrmals neu voll pusten. Trotzdem war es wunderschön in der Natur geschlafen zu haben. Wir verliessen unser Zelt, liessen es aber mit allen unseren Sachen im Garten unserer Gastgeber stehen.

Suche nach einem Motorrad

Im gleichen Restaurant, wo wir am Vorabend waren, assen wir nun unsere erste Mahlzeit des Tages. Nun suchten wir ein Geschäft, welches Motorräder vermietet. Wir fragten im Restaurant und in vielen Hotels danach, fanden aber kein solches. Wir wurden nur viel hin und her geschickt. Allerdings ohne Erfolg. In einem Hotel in dem jemand Englisch sprach, fragten sie uns, ob wir eine Autowerkstatt suchen würden. Nun bemerkten wir, dass unsere Übersetzung falsch war. Mit der vereinfachten und kurzen Übersetzung von „Mieten Motorrad“, war die Antwort nun, dass es keinen Motorradverleih gibt. Somit war unser angepeiltes Tagesprogramm im Eimer. Zu den heissen Quellen, war es ohne Motorrad zu weit.

Luxuswohnungen zu verkaufen

Darum beschlossen wir in Richtung des Ortes zu laufen, wo die Himmelsbeerdigungen stattfinden. Dies war etwa eine Stunde Fussmarsch.Es war sehr heiß und die Sonne brannte auf uns runter. Unser Ziel war etwas ausserhalb, am anderen Ende der Stadt.

Litang Real Estate
Das 3D Modell einer 149 Quadratmeter Wohnung, welche gerade im Zentrum von Litang gebaut wird.

Im Stadtzentrum entdeckte ich vis à vis einer Baustelle ein Gebäudemodell. Das Geschäft war eine Verkaufsstelle für Luxuswohnungen einer neue Überbauung in Litang. Als wir uns das Modell anschauten, kamen wir mit der Englisch sprechenden Verkaufsmanagerin des Projekts ins Gespräch. Sie bot uns bald darauf einen Tee an.

Himmelsbeerdigung

Als wir den Himmelsfriedhof erreichten, sahen wir eine tote Kuh dort liegen. Vom Anblick eines toten Menschenkörpers blieben wir verschont. Am Hang des Berges sahen wir aber die Geier, welche beim Ritual zum Essen der Leichenteile eingeladen werden. Die Vögel sind allerdings scheu. Weiter unten stand eine grosse Feuerstelle mit brennendem Müll, was wohl keinen Zusammenhang mit den Beerdigungen hat.

Litang Himmelsbeerdigung
Am Ort der Himmelsbeerdigungen ist der Hang mit vielen Gebetsfahnen geschmückt.

Planänderung aufgrund einer Magenverstimmung

Leider fühlte sich Tama nicht gut genug um ohne Toilette zu zelten. Zurück im Stadtzentrum fanden wir das Summer Hostel. Es schien, als gäbe es nur Männer- und Frauenschlafsäle. Doch als zwei Niederländer ebenfalls einen Platz zum Schlafen suchten, durften wir zu viert ein gemischtes Zimmer eröffnen. Wir bezogen zusammen ein Sechsbettzimmer. Doch wir mussten noch zurück zu unserem Zelt, bevor wir uns hinlegen konnten. Beim Zelt angekommen, fühlten wir uns beide miserabel. Mit letzter Kraft schaffen wir den Zeltabbruch und verabschiedeten uns von unseren Gastgebern.

Beiden war uns etwas schwindlig. Ein Wirt an der Hauptstrasse bestellte für uns ein überteuertes Taxi. Es war wohl ein Kollege von ihm. Im Hostel angekommen, bezogen wir beide schnell unser Bett und legten uns hin. Auch unsere niederländischen Zimmerfreunde waren müde oder krank. Am frühen Abend lagen wir alle vier im Bett. Später weckten uns zwei Chinesen, welche auch in unserem Zimmer schliefen. Die Magen-Darmprobleme waren kurz und heftig. Am nächsten Tag waren wir wieder ziemlich fit.

Drei kostenlose Sehenswürdigkeiten

Im Stadtzentrum von Litang ist der Stupa Garten, ein Tempel in einem Park. Der Besuch war ein schönes Erlebnis. Der Tempel mit der übergrossen Gebetsmühle und der Rundgang mit den vielen kleineren Gebetsmühlen war sehr bevölkert, obwohl wir vormittags an einem Wochentag dort waren. Das Beten und Mantra aufsagen im Gehen trägt, falls es sonst nichts nützt, sicherlich zur Volksgesundheit bei. Alt und Jung marschieren um den Tempel.

Auf dem Rückweg zum Hostel besuchten wir das Geburtshaus des siebten Dalai Lama. Gerade nebenan ist das Litang Folk Museum. Es zeigt in einer hübsch arrangierten Ausstellung die Bräuche und Traditionen einer tibetischen Familie von Litang. Es deckt unter anderem die Themen Medizin, Heirat, Wohnen, Kochen, Schlafen, Beten und sich Kleiden ab. Das Museum verfügt über Erklärungen in gutem Englisch.

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