Frederike trifft auf Corona im Iran

In diesem Beitrag beschreibt Frederike ihre geplante Reise nach Australien und wie Corona ihre Pläne verändert hat – viel Vergnügen beim Lesen: Mein Name ist Frederike Wrage. Mein Plan war es von Deutschland nach Australien zu meiner Schwester zu reisen ohne auf dem Weg dorthin in ein Flugzeug zu steigen. Fortbewegt habe ich mich per Anhalter oder auch mal per Bus, Zug oder Schiff. Als ich mich im Januar in Georgien auf meine Weiterreise Richtung Osten vorbereitete, hörte ich das erste Mal von Corona. Irgendwo in China sollte sich ein Virus verbreiten. „…kein Problem für mich“, dachte ich mir. Schließlich hatte ich gerade meine Reiseroute mangels Visum für China in den südlicheren Teil Asiens verschoben. Ab Georgien wollte ich über Aserbaidschan, Iran und Pakistan nach Indien. Dort sollte es dann langsam über Myanmar und Thailand Richtung Süden gehen.

Von Aserbaidschan in den Iran

Anfang Februar nach einem unschönen Couchsurfing Erlebnis in Baku checkte ich spontan in ein Hostel in der Innenstadt ein. Dort wurde meine Körpertemperatur kontrolliert. Ich solle mich bei Grippensymptomen sofort an ein Krankenhaus wenden. Da meine Temperatur aber in einem gesunden Bereich lag, war kein Arztbesuch notwendig. Und so überquerte ich schon wenige Tage später freudig aufgeregt die Grenze in den Iran. In Aserbaidschan hatte ich mich nicht sonderlich wohl gefühlt und war froh in ein Land einzureisen, in welchem ich mich respektiert fühlte. Zuerst besuchte ich einige Orte im Norden des Landes. Dabei blieb ich ausschließlich bei iranischen Familien, die ich über Couchsurfing kennen gelernt hatte. Diese Besuche waren jeweils sehr intensiv! Ich lernte viel über die Kultur und das Leben im Iran kennen, die Tage waren vollgepackt mit gemeinsamen Mahlzeiten, Ausflüge ans Meer oder Dörfer in der Umgebung und langen Unterhaltungen über die Situation des Landes. 

Etwas mehr Ruhe im Hostel

Obwohl ich eine tolle Zeit bei den Familien hatte, entschied ich mich, als ich nach Kashan kam, mir dort ein Bett im Hostel zu nehmen. Mal zwei Tage für mich sein, würde mir bestimmt gut tun! Als ich mir abends mit Albena aus Österreich und dem Hostelbesitzer Ali die Hände an einem heißen Chai aufwärmte, lass Ali uns einen Bericht aus den Nachrichten vor: in Ghom, dem Mekka Irans, wurden fünf Coronafälle bestätigt! An Ghom war ich auf dem Weg nach Kashan vorbeigefahren. Somit sollte es mich nicht weiter auf meinem Weg Richtung Pakistan beeinträchtigen, dachte ich mir. Je weiter ich jedoch reiste, desto unruhiger wurden die Iranis um mich herum. Niemand wollte mir mehr die Hand geben und ich wurde dazu aufgefordert mir ständig Hände zu waschen, wenn wir nach Hause kamen. Ich tat dies natürlich, auch wenn mir der Umgang mit der Situation recht dramatisch vorkam.

Plötzlich waren alle Grenzen geschlossen

Nur wenige Tage nachdem ich Kashan verlassen hatte, erfuhr ich in den Nachrichten, dass innerhalb von wenigen Stunden alle umliegenden Länder, abgesehen von Aserbaidschan, ihre Grenzen zum Iran geschlossen hatten! Ich wurde über Whatsapp in eine Gruppe mit anderen Reisenden eingeladen, die nun, genau wie ich, im Iran feststeckten. Ich zögerte etwas zu lange bei meiner Überlegung, ob ich spontan zurück an die Grenze zu Aserbaidschan reisen sollte, um von dort einen Flug nach Pakistan oder Indien zu nehmen. Zurück nach Aserbaidschan wollte ich eigentlich nicht. Als ich mich dann aber doch auf den Weg machte und fast 24 Stunden mit wenig Schlaf bis zur Grenze reiste, stand ich dort vor verschlossenen Toren. Eine halbe Stunde vorher seien noch Reisende durchgelassen worden, berichtete der Grenzbeamte.

Mehran und seine Mutter kümmerten sich um uns, als ich und Vishnu abends völlig übermüdet an der Grenze zu Aserbaidschan in Astara ankamen.
Mehran und seine Mutter kümmerten sich um uns, als ich und Vishnu abends völlig übermüdet an der Grenze zu Aserbaidschan in Astara ankamen.

Keine Fähren im persischen Golf mehr

Auch der Fährbetrieb im Süden des Landes sei eingestellt worden. So konnte ich auch nicht in den Oman übersetzen, was ich mir als Alternative überlegt hatte. Die folgenden Tage waren gefüllt mit viel Informationssuche. Ich liess mich in einem Hostel in Teheran nieder, in dem ich auch andere Reisende traf. Alle hatten das selbe Ziel: wieder aus dem Iran rauszukommen. Die meisten waren wie ich auf einer größeren Reise und wollten ebenfalls das Ende ihrer Reise nicht sehen. Da bleiben war nicht wirklich eine Option, da die Regierung alle Reisenden aus dem Land haben wollte. Gästehäuser und Hostels wurden geschlossen, Touristenattraktionen und Restaurants ebenfalls. Der Iran ist auch nicht gerade für gute medizinische Versorgung bekannt. Die Einheimischen wollten uns dort nicht mehr haben. Sie hatten Angst!

Die gastfreundliche Stimmung kippte

Die Taxi- und Busfahrer nahmen einen nicht mehr mit, mein kurzzeitiger Reisebegleiter Vishnu aus Indien wurde ständig skeptisch gefragt, aus welchem Land er kommen würde. Wobei immer ein erleichterndes Aufatmen folgte, wenn er „Indien“ antwortete. Den chinesischen Reisenden aus unserem Hostel hingegen ging es noch schlimmer. Teilweise mit Besen wurden sie vor Geschäften vertrieben, um ja nicht den Laden zu betreten.

Der Imam-Sqare bildet normalerweise die touristische Hauptattraktion Isfahans. Hier war ich Ende Februar vermutlich nicht nur die einzige Touristin, sondern auch fast die einzige Person.
Der Imam-Sqare bildet normalerweise die touristische Hauptattraktion Isfahans. Hier war ich Ende Februar vermutlich nicht nur die einzige Touristin, sondern auch fast die einzige Person.

Der Imam-Sqare bildet normalerweise die touristische Hauptattraktion Isfahans. Hier war ich Ende Februar vermutlich nicht nur die einzige Touristin, sondern auch fast die einzige Person.

Kontakt mit der deutschen Botschaft

Ich kontaktierte meine Botschaft mit der Bitte um Unterstützung. Das Buchen von Flügen wurde geradezu unmöglich. Kaum eine internationale Fluglinie flog noch über den Iran und die wenigen iranischen Fluglinien, die noch ins Ausland flogen, erforderten eine iranische Bankkarte zum Bezahlen der Flüge. Ein Land nach dem anderen schloss seine Flughäfen für Flugzeuge aus dem Iran kommend oder liess nur Menschen mit ausgewählten Nationalitäten an Bord. Ich fing an mich sehr unwohl zu fühlen! Dieses Virus liess hässliche Seiten der Menschen ans Licht kommen. Die Deutsche Botschaft meldete sich fünf Tage später zurück. Sie informierte mich lediglich in Form eines Newsletters, dass der Iran nun nicht mehr für eine Reise zu empfehlen sei, und man zur Zeit von Reisen dorthin absehen solle. Falls man gerade im Iran sei, sollte man zusehen schleunigst dort wegzukommen! Besonders hilfreich war diese Information nicht!

Französische Botschaft zeigte sich hilfsbereit

Im Hostel lernte ich Leila aus der Schweiz kennen. Sie empfahl mir ein Reisebüro, um mit deren Hilfe einen Flug zu buchen. Meine erste Idee war es nach Bangkok zu fliegen, dort ein paar Tage zu verbringen und dann von dort weiter nach Indien zu reisen, um meinen Trip von da aus fortzusetzen. Doch bald erfuhr ich, dass immer mehr Länder keine Reisenden mehr einlassen würden, die einen thailändischen Stempel im Pass haben würden. Gleichzeitig gab mir eine Französin den Kontakt ihrer Botschaft. Sie habe direkt ein Flugticket erhalten, nachdem sie sich dort gemeldet hatte. Ich solle mich an meine eigene Botschaft wenden, sagte man mir am Telefon. „Die interessiert es nicht“, sagte ich mehr zu mir selbst als zu der freundliche Dame und legte auf. Fünf Minuten später klingelte mein Handy. Die Französische Botschaft würde mir in fünf Tagen einen Platz auf deren Evakuierungsflug nach Paris anbieten! 

Dank einem Reisebüro einen Rückflug gefunden

Parallel kontaktierte mich am späten Nachmittag das Reisebüro. Am nächsten Tag um 6:00 Uhr morgens sei noch ein Platz im Flugzeug nach Amsterdam frei geworden. Ich stimmte direkt zu und noch am selben Abend drückte ich dem Agenten Nojan meine Euros in die Hand. Noch drei weiteren Reisenden konnte ich eine Heimreise ermöglichen. Denn ich hatte genügend Bargeld aus Deutschland mitgebracht. Einige der anderen Reisenden hatten nicht mehr ausreichende Reserven dabei, da man im Iran mit Visa- oder Mastercard keinen Zugriff auf Geldautomaten (ATM) hat. Und so sass ich am nächsten Morgen um 6:00 Uhr völlig überstürzt, traurig und aufgeregt im Flugzeug nach Amsterdam. Auf so eine spontane Abreise war ich nicht vorbereitet. Es machte mich traurig dieses Land, das mir so gut gefallen hatte, und deren Bewohner, die mir so freundlich begegnet waren, so überstürzt zu verabschieden. In dem Moment war es nur schwer akzeptierbar, dass meine Reise nun vorbei sein sollte.

Rückblick auf meine Entscheidung

Im Nachhinein war es für mich die richtige Entscheidung. Unter diesen Bedingungen – Corona im Iran – war das Reisen nicht mehr genießbar. Und doch freue ich mich auf die Zeit, wenn die Welt wieder bereisbar wird und ich mein Abenteuer fortsetzen kann, wo ich es doch so unerwartet unterbrechen musste.

Dominique über die Gastautorin Frederike

"Ich habe Frederike aus Norddeutschland im November 2019 in Tifilis im Hostel getroffen. Sie war schon eine Weile in Georgien. Bald wollte sie bei einer Familie auf einem Bauernhof ein Workaway machen. Sie überlegte gerade, ob sie durch Russland und China in Richtung Südostasien weiter reisen oder doch in den Iran und durch Pakistan nach Indien reisen wolle. Ich erzählte ihr von meinen Visum Erfahrungen für Russland und China."

Gastbeitrag SerieGlücklich Reisen in Zeiten von Corona?

Hier gehts zur Serie Übersicht und weiteren Gastbeiträgen.

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