Heute konnten wir tatsächlich unsere Pässe mit dem Indien-Visum auf der Agenturfiliale in Lahore abholen. Denn der Abholschalter für Pässe war im Gegensatz zum Rest der Agentur auch samstags geöffnet. Danach gönnten wir uns ein Eis. Es war das teuerste Eis meiner Reise, 10 Mal teurer als in Faisalabad. Die drei gelangweilten Angestellten schalteten für uns etwas westliche Popmusik ein. Bis auf die Ecke der Toiletten, war das Lokal schön dekoriert und grosszügig möbliert, aber wir waren die einzigen Gäste. Die Eisdiele sei eine ausländische Marke, daher der hohe Preis.
Zurück bei unserem Gastgeber trafen wir Chris, ein deutscher Couchsurfer. Er war mit einem anderen Couchsurfing-Gastgeber bei unserem zum Abendessen zu Besuch. In Pakistan wollte er herausfinden, ob es möglich wäre in Pakistan mit seinem kleinen Hilfswerkaktiv zu werden. Die Organisation bildet Menschen in Methoden zum Umgang mit Traumta aus. Chris ist dafür in seiner Freizeit aktiv. Zudem war er in Kontakt mit dem Verband der Parcours Sportler von Pakistan, da er selbst ein angefressener Parocour Sportler ist. Bevor Chris nach Hause ging verkaufte ich ihm meinen Baluchistan-Anzug. Denn in Indien wollte ich von weitem lieber nicht wie ein Pakistaner aussehen, sicher ist sicher.
Inhalt
Von Lahores Altstadt ans Musikfestival
Am zweiten Tag in Lahore, begaben wir uns in die Altstadt, wo wir eine Moschee in einem Park und am Abend ein Musikfestival besuchten. Das Festival war von der Süssgetränkfirma gesponsert, welche das unbemerkt saure, total übersüsste dunkle amerikanische Getränk herstellt. Daher war der Eintritt kostenlos.
Es spielten lokale Bands, wohl auch gegen kleine Gagen. Wir sassen dort, der Musik lauschend, als ein Mann kam und anfing uns zu verehren. Nach einer Weile brachte er alle möglichen Softdrinks. Als später ein Freund unseres Gastgebers dazu kam, erklärte er uns, dass dieser Mann versuche so Getränke zu verkaufen. Er bringe sie und sobald man eines trinke, werde er kommen und einkassieren. Auch eine Verkaufstaktik: tun als wär’s ein Geschenk und dann Rechnung stellen.
Eingeladen zur Tafelrunde
Bereits vor langer Zeit hatte ein Couchsurfing-Gastgeber aus Lahore uns angeschrieben und zum Abendessen eingeladen. Er habe eine Mission und diese nimmt er offenbar sehr ernst. Er versucht möglichst alle Gäste, die in Lahore sind, einmal zu einem Abendessen in sein Lieblingsrestaurant einzuladen. Als wir unseren Gastgeber darauf ansprachen, wusste er genau von wem wir eingeladen wurden. An diesem Abend waren wir offenbar nicht die einzigen Gäste in Lahore. Er hatte nebst uns auch noch ein Paar aus Malaysia und deren Gastgeber eingeladen. So dauerte es eine Weile, bis wir herausgefunden hatten, wer der beiden uns den nun eingeladen hatte.
Fliegender Gastgeberwechsel innerhalb Lahore
Das Gespräch in der grossen Runde wurde zwischendurch zu einem Durcheinander von Einzelgesprächen. Der Gastgeber des anderen Paars meinte, es sei schade, dass wir morgen schon ausreisen wollten. Denn ein Parteifreund von ihm suche noch Expats und Touristen, die in seinem neuen Tourismus Fernsehkanal einen Teil der Moderation übernehmen würden. Später fragten wir wie man eigentlich am besten zur indischen Grenze komme. Das Pärchen aus Malaysia zögerte kurz beim Vorschlag mit uns ein Taxi zu teilen um dorthin zu kommen. Worauf sich direkt deren Gastgeber einklinkte und bekannt gab, dass sein Assistent die beiden morgen an die Grenze bringe.
Wir könnten gerne auch mitfahren, sagte er weiter. Und fügte gleich bestimmt an, dass es dafür am einfachsten wäre, wenn wir heute Abend bei ihm übernachten würden. Dagegen war nichts einzuwenden. Nach dem Essen durften wir bei ihm ins Auto steigen. Er fuhr bei unserem bisherigen Gastgeber vorbei. Diesem erklärten wir kurz die Lage und bedankten uns für seine Gastfreundschaft. Unser neuer Gastgeber fuhr in ein gehobenes Viertel von Lahore. Es war offenbar das Haus seiner Eltern. Diese sahen wir jedoch nicht. Dafür öffnete sein Assistent die Haustür und wollte uns mit dem Gepäck helfen. Sie führten uns in den zweiten Stock. Ein Zimmer mit privatem Bad und Frühstück gegen 9 Uhr, kurz es war als wären wir im Hotel.
Ein Tag länger Pakistan aus Neugierde
Soodeh und ich waren beide sehr neugierig auf das TV Casting. Am Morgen fragten wir unseren Gastgeber ein paar Details dazu. Er meinte, dass die Grenze auch am Tag vor dem pakistanischen Kashmir-Tag vom 5.Februar offen sein sollte. Wir machten aus, dass wir an der Grenze nachfragen wollten, ob sie tatsächlich morgen offen sei. Falls uns dies dort bestätigt werde, dann würden wir für das TV Casting zurückkehren. Die Grenzbeamten bestätigten uns, dass die Grenze am nächsten Tag offen sein würde. Das Paar aus Malaysia verabschiedete sich und wir fuhren mit dem Assistenten wieder zurück. Er wollte uns nun die Stadt zeigen. Als wir am Eingang zu einem Garten den Eintritt bezahlen wollten, bemerkten wir erst, dass wir ja allen pakistanischen Cash bereits am Vorabend in indische Rupien getauscht hatten. Der Assistent und jetzt unser Chauffeur schlug vor in den Park mit dem pakistanischen Gründungsdenkmal zu gehen. Dort kam noch ein Freud von ihm dazu. Mit den beiden verbrachten wir den Rest des Vormittags und den halben Nachmittag.
Explosion unterschiedlicher Erwartungen
Gegen Abend fuhren wir zum Firmensitz des Tourismus TV Kanals, diesmal mit unserem Gastgeber persönlich. Dass Treffen war im Büro des künftigen TV-Kanal Inhabers angesetzt. Als wir nach einigen runden durch das grosse Gelände mit Restaurants und Pools schliesslich dort ankamen, sassen dort bereits einige andere Gäste. Sie waren mit unserem Gastgeber bekannt. Bis auf einen, ein deutschen Youtuber. Diesen trafen heute alle das erste Mal, sein Name Chris Betzmann.
Dieser machte einen sehr angespannten und entnervten Eindruck auf uns. Etwa im fünf Minuten Takt fragte er nach dem offiziellen Beginn der Sitzung und den Traktanden. Zudem müsse er nun wissen, was sein Honorar sein werde und wann der Dreh stattfinde. Der Boss im Raum ging darauf jedoch nicht ein und meinte nur beschwichtigend, dass man bestimmt eine zufriedenstellende Lösung finden werde. Zuerst finde bald ein Casting statt. Darauf erschien ein Kellner und fragte nach unseren Wünschen für Getränke.
Auf die Getränke folgen Snacks
Herr Betzmann liess nun verlauten, dass es ihm hier zu unprofessionell zugehe. Es sei daneben, dass er hier nun schon eine ganze Stunde warte ohne weitere Informationen zum Projekt zu erhalten. Statt mehr Informationen, kamen bald die feinen Säfte.
Auf keine von Betzmanns Forderungen wurde eingegangen. Bald darauf verliess er konsequenterweise das Meeting frühzeitig. Uns hätten die nachgefragten Informationen zwar auch interessiert, aber wir waren mehr zum Spass und ohne spezifische Erwartungen hier. Deutsche Geschäftigkeit war hier auf gastfreundliche pakistanische Unternehmensimprovisation geknallt. Kurz vor dem Verduften des deutschen Gastes, folgten den Drinks einige frittierte Snacks. Inzwischen sassen wir auch etwas mehr als eine Stunde auf dem Bürosofa. Als die Snacks gegessen waren fragte ich nach, ob fotografieren im Büro erlaubt sei. Im Land der Selfies gab es dagegen natürlich keine Einwände.
Doch noch zum Casting
Wir kamen mit den anderen Anwesenden ins Gespräch und beschäftigten uns nun mit dem aufliegenden Brainstorming-Zettel, auf dem Ideen für die Sendungen notiert waren. Wir sollten uns überlegen, bei welcher Episode wir gerne moderieren möchten. Ein pakistanischer Casting-Teilnehmer erklärte mir, dass er sein Englisch und sein Selbstvertrauen vor allem im Toastmaster-Club für öffentliches Reden verbessert habe. Solche Klubs gebe es überall, er könne dies nur empfehlen. Eine Weile später stiess noch eine Expat dazu. Sie sei mit einem Pakistaner verheiratet und versuche nun in der Tourismusbranche tätig zu werden. Gerade komme sie von einer Eröffnung eines Themen-Restaurants, die sie organisiert habe. Sie fliege noch heute nach Amerika. Daher wurde «offfff cooaaarse» ihr der erste Slot des Castings zugeteilt. Die Castings fanden in einem, noch nach frischer Farbe riechenden, grünen Raum statt. Es sei gut, dass wir keine grünen Kleider trügen.
Improvisieren vor grünem Hintergrund
Nach knapp 3 Stunden war ich an der Reihe. Das Warten hatte sich gelohnt. Im Casting Raum kümmerten sich nun vier Profis um meine korrekte Position vor dem grünen Nichts bzw. vor der Kamera. Der Regieassistent zeigte mir ein Bild von einem Gebäude in Pakistan. Nachdem er mir die dazugehörige Jahreszahl und den Namen verriet, forderte er mich zum Improvisieren auf. Nach dem zweiten «Take» waren sie zufrieden. Mit ein paar Komplimenten wurde ich verabschiedet. Etwas später kam die Regie mit einem USB Stick ins Büro, um die Filme zu zeigen. Zum Abschied erhielten wir die aufklappbare Visitenkarte des TV-Kanal Inhabers. Das Casting hatte stattgefunden, mehr Informationen zum Projekt gab es jedoch keine. Die Regie werde sich in den nächsten Monaten bei uns melden.
Am nächsten Morgen führte uns der Assistent von unserem Gastgeber das zweite Mal zur Grenze. Diesmal überquerten wir diese tatsächlich. Bye Bye Pakistan, see you later!