Vier Tage in Sheki

Beim Frühstück lernte ich Yesenia eine Reiseblogerin von den Kanarischen Inseln kennen. Sie war per Fahrrad nach Nepal gefahren. Danach besuchte sie ihre Heimat und ihre Familie. Doch nun war sie wieder auf dem Weg zu ihrem Fahrrad, welches sie in Nepal gelassen hatte. Die Flüge nach Nepal seien via Aserbaidschan am günstigsten.

Ausflug zu einer Burgruine Galarsan-Gorarsan

Sie wollte eine kleine Wanderung zu einer alten Burgruine machen. Die zwei Franzosen und ich zogen mit ihr zusammen los. Unterwegs haben wir uns ausgetauscht über Patriarchat, Emanzipation, Feminismus und über unser Rollenverständnis in einer idealen Familie. Spannend war auch zu hören, wie das alleine Reisen als Frau ist. In Kis besuchten wir noch die albanische Kirche. Zurück in Sheki suchten wir einen Imbissstand. Ich bestellte meinen ersten Shawarma in meinem Leben. Wir setzen uns im nahen Stadtpark auf eine Bank. Unweit vom Park ertönte traditionelle Musik. Wir begaben uns in die Richtung, aus welcher die fröhlichen Töne kamen. Vor einem Eingang blieben wir stehen. Davor war ein mit Plastikblumen geschmückter Mercedes geparkt.

Spontan auf einer Hochzeit

Nach einer Weile siegte die Neugierde über die Scham. Ich lief die Treppe hoch und setzte mich in der Lobby vor dem grossen Saal auf das Sofa. Kurze Zeit später folgen auch meine Hostel-Freunde. Durch die gläserne Saaltür beobachteten wir die Hochzeitsgesellschaft. Plötzlich kam ein Herr aus dem Saal und bat uns bitte in den Saal hinein zu kommen. Er hiess uns an einem noch freien Tisch Platz zu nehmen. Da sassen wir vier Touristen nun in einem Saal bei einer azerbeijanischen Hochzeitsgesellschaft. Schnell wurde allerhand Essen serviert und die Gläser mit Soda und Vodka gefüllt. Die Musik der Hochzeitsband dröhnte in ohrenbetäubender Lautstärke aus den Lautsprechern. Wir sassen leider direkt davor.

Der Tisch an der Hochzeit bevor noch reicher aufgetischt wurde.

Ein Tanz zu Ehren des Ehepaars

Später wurden wir zum Tanz aufgefordert. Der Ablauf des Abends schien total orchestriert. Ein Moderator übergab jeweils das Mikrofon einer Person. Dann wurden die Leute an bestimmte Tischen zum Tanz aufgefordert. So wiederholte sich das Ganze von Neuem. Das Hochzeitspaar sass auf einer kleinen Tribüne am anderen Ende des Saals. Es war insbesondere mit Selfies machen und sich mit Gästen fotografieren lassen beschäftigt. In jeder Ecke des Saals gab es einen Bildschirm. Dort wurde live gezeigt, was zwei Kameramänner im Saal an Bildern einfingen.

Ein Abschied und ein neuer Gast aus Katalonien

Am nächsten Tag gegen Mittag verabschiedete sich Yesenia.

Ich blieb an diesem Tag im Hostel. Es standen einige Haushaltaufgaben an. Das Guthaben meiner Prepaid-Kreditkarten musste geladen, Kleider gewaschen und Fotos sortiert werden. Beim Kleider aufhängen lernte ich einen Velofahrer aus Katalonien kennen. Er war seit April via Italien und Griechenland nach Azerbeijan gefahren. Er erzählte mir, dass er in Frankreich für die Katalonische Regierung arbeitete. Nun war ich neugierig. Ich hatte noch nie gehört, dass auch ein Teil von Frankreich als katalonisches Gebiet gilt.

Ein Ausflug ins Nachbardorf Verezet

Heute war das Wetter wieder schöner. Der Hostelbetreiber verriet mir den Weg zu einem schönen Aussichtspunkt. Die Wanderung führte mich ans nahe gelegene Stadtende von Sheki und dort einen steilen Weg hinauf. Als ich mich ausruhte, kam plötzlich einer der beiden Franzosen daher spaziert. Offenbar hatte er die selbe Idee. Jetzt wanderten wir zusammen über den waldigen Hügel ins Nachbardorf. Wir hatten spannende Gespräche über Beziehungen und Beziehungsformen. Beim Weg beim Abstieg nach Verezet erinnerte ich mich an den unglücklichen Abstieg in Kirgistan.

Diese Kuh in Verezet sah aus wie eine abgemagerte Simmentaler Kuh.

Per Anhalter von Verezet nach Sheki

Als wir heil im Dorf ankamen, dachten wir, dass hier wohl keine Marshrutka nach Sheki fahren würde. Die Frauen im Dorf sagten uns jedoch, dass jede Stunde eine fährt. Wir erhielten jedoch kurz darauf eine Mitfahrgelegenheit nach Sheki von einem Herrn in einem VW. Nach dieser Wanderung hatten wir ein kühles Bier verdient. Wir fanden eine Kneipe, welche an jedem Tisch einen Zapfhahn mit Zähler hatte. So konnten wir Bier zapfen wie an einer Tankstelle. Zufälligerweise erschienen kurze Zeit später unsere Hostel-Zimmergenossen in der gleichen Kneipe.

Alles Käse oder was?

So blieben wir noch eine Weile sitzen. Das Gesprächsthema Nummer eins war schliesslich, ob denn Frankreich oder Georgien den besseren Wein habe. Lustigerweise bestanden die Franzosen weniger auf dem besten Wein, als auf dem besten Käse. Ich gestand ihnen die grösste Weichkäse Variation zu. Aber beanspruchte das Prädikat bester Hartkäse für die Schweiz. Schliesslich waren die Franzosen erstaunt zu lernen, dass es auch in der Schweiz eine vorzügliche Weinproduktion gibt. Je mehr Bier vom Fass gezapft war, desto repetitiver wurden die Argumente. Schliesslich zahlten wir die Zeche bzw. den Zählerstand und suchten uns noch einen kleinen Imbiss.

Ab auf das Migrationsamt zur Registration

Wer länger als 15 Tage in Aserbaidschan bleibt, muss sich registrieren lassen. Mein Hostel in Baku hatte mich darüber informiert. Doch ich dachte nicht, dass ich so lange in Aserbaidschan verweilen würde. Nun war die Registration überfällig.

Ein Foto zum Abschied mit Adrien (Grenoble), Sebastien (Pyrenees) und Cyril (Lyon).

Der Hostelbetreiber erklärte mir, dass er den Registrations-Service nicht anbiete. Ich müsse selber auf das Migrationsamt gehen. Dieses liege am südlichen Rand von Sheki. Mit den Marshrutkanummern 1, 7 und 22 gelange man bis direkt vor das Amtsgebäude. Das Amtsgebäude war unübersehbar. Einer der Beamten sprach Englisch. Ich nahm bei seinem Schalter Platz und übergab ihm meinen Pass. Mein Hostel war ihnen noch nicht bekannt. Trotzdem bekam ich einige Minuten später ein Dokument mit Stempel, welches mir den Aufenthalt für weitere 15 Tage genehmigte und mich bei der Ausreise vor der happigen Busse verschonen sollte. Wer sich nicht registriert, wird bei der Ausreise mit einer Busse von 350 AZN bestraft.

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This article was written by Dominique

Als Reise Coach ist Dominique leidenschaftlich dabei, das Know-How rund um das langsame Reisen für alle Reisebegeisterte frei zugänglich zu machen. Er sieht faires und klimaverträgliches Reisen als Beitrag zum Frieden. Jede und jeder soll langsam und achtsam reisen lernen können – kostenfrei und unkompliziert.

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