Tobia und Florence berichten von ihrer Fahrradreise durch die Welt

Tobia hatte nach seinem Masterabschluss das Bedürfnis herunterzufahren, sich mit sich selbst und mit der Natur wieder zu verbinden und Lust auf ein rauhes Abenteuer. Mit seinem Fahrrad zog er im Mai 2019 los, ohne klares Ziel oder zeitliche Limite. Florence schloss im September 2019 ebenfalls ihr Studium ab und holte ihren Freund Tobia mit dem Zug in Georgien ein. Seither sind sie zusammen auf ihren sehr alten umfunktionierten Bikes Richtung Osten weitergetrampelt. Im folgenden Bericht schreiben Tobia und Florence von ihrer Fahrradreise durch die Welt und wie sich ihre Reise aufgrund von Corona verändert hat – viel Vergnügen beim Lesen.

Schweren Herzens direkt vom Iran nach Indien

Die ersten paar Tage zusammen, in der Höhe (Svaneti, Georgien)
Florence neben dem Zelt. Die ersten paar Tage zusammen in der Höhe von Georgien in Svaneti.

Der Weg hat uns von Georgien durch Aserbaidschan in den gastfreundlichen und wunderschönen Iran geführt. Nach dem Mord an General Suleimani anfangs Januar 2020 wurde die politische Situation immer heisser. Dann haben wir uns schweren Herzens entschieden mit dem Flugzeug eine Etappe (Pakistan) zu überspringen und nach New Delhi zu fliegen. Im chaotischen Indien haben wir uns sehr wohl gefühlt und den extremen kulturellen und sozialen Unterschied bestaunt und genossen. Obwohl es natürlich ab und zu – speziell am Anfang – viel Geduld und Energie gekostet hat.

Den Lockdown vorausgeahnt

Im Dezember, als die Medien zum ersten Mal über das damals neue und unbekannte Virus in China berichteten, haben wir schon von der Möglichkeit gesprochen, irgendwo in Süd-Ost Asien stecken zu bleiben. Es schien uns schwierig zu greifen und begreifen. Wir haben aber geahnt, dass es für uns ein Problem werden könnte, falls die Länder alle die Grenzen schliessen würden. Und so ist es auch gekommen.

Plötzlich ging auch in Indien die Angst um

Wir haben es gespürt wie das Virus oder besser gesagt die sozialen und psychologischen Auswirkungen davon, sich langsam in das Land geschlichen haben. Dann ging es aber plötzlich schnell. Innerhalb zwei, drei Tagen konnten wir es in den Augen der Menschen lesen: sie haben Angst. Vor allem wurden sie gegenüber Ausländern misstrauisch. Ausländer = Corona. Eines Abends, als wir für einmal unser Zelt trocknen wollten und im Stadtzentrum in einem Tempel ein Zimmer bezogen hatten, sammelte sich plötzlich eine unruhige Gesellschaft auf der Strasse. Dreissig Männer diskutierten animiert, ob sie uns nicht besser weiterschicken sollten. Diese Angst der Leute ging uns bald unter die eigene Haut, obwohl nichts Gefährliches passierte, war es ein schreckliches Gefühl.

Fahrradreise durch die Welt. Das Fahrradleben ist schön weil es schwer ist.
Tobia: “Das Fahrradleben ist schön weil es schwer ist.”

Situation in Indien abwarten

Wir hatten vor die Situation in Indien abzuwarten und haben einen netten Workaway Ort aufgesucht, der uns für diese Zeit aufnahm. Der Weg dorthin war aber kein Vergnügen mehr, mit unzähligen Stunden in Polizeistationen und mehreren showmässigen, für die Presse aufbereiteten, COVID-19 Tests.

Bekanntschaft mit der indischen Polizei gemacht auf der Fahrradreise durch die Welt.
Florence und Tobia haben Bekanntschaft mit der indischen Polizei gemacht.

Lockdown an sicherem Ort überstanden

Auch wenn wir einen sicheren und schönen Ort gefunden hatten, mussten wir uns oft mit dem Virus beschäftigen. Die Situation erforderte ein ständiges Hinterfragen und Neuauswerten. Besteht die Möglichkeit auf Hungersnot in Indien? Was passiert, wenn ich aus irgendeinem Grund ein Spital brauche? Sind unsere Familien bekümmert zuhause? Wird es in den nächsten Monaten überhaupt wieder möglich sein weiter oder nachhause zu reisen? Schliesslich haben wir nach einem Monat Lockdown entschieden die Reise abzubrechen. Oder besser gesagt, dass die Schweiz Myanmar als die nächste Etappe unserer Fahrradreise durch die Welt, ersetzen wird.

Selber Verantwortung übernehmen

Wir haben immer gesagt ein Reisender muss sich seiner Verantwortung bewusst sein und diese übernehmen. Wenn wir ins exotischste Land wollen, dann müssen wir uns auch bewusst sein, dass wir nicht immer ein Recht auf Direkthilfe haben, auch nicht als Schweizer. Trotzdem, war es nicht einfach zu akzeptieren, dass wir einfach zu weit weg waren, um in einer Woche einen Schweizer Rückkehrflug zu boarden. Durch unsere und andere Botschaften, aber auch speziell dank einem sehr solidarischen und nützlichen Netzwerk von Fahrradreisenden, haben wir trotz allem noch gute Lösungen gefunden und sind den Umständen entsprechend schnell nach Hause gekommen. Mit speziellem Laissezpasser der Regierung, einem Tag Taxifahrt, drei Tage in einem Bus der spanischen Botschaft, einem KLM Flug nach Amsterdam und einer Zugfahrt sind wir in Basel wieder auf Schweizer Boden gelandet. Von da sind wir aber auf dem Fahrrad noch eine Weile weitergefahren, damit auch Geist und Seele nachkommen konnten. Eine Rückkehr in drei Etappen!

Dominique über seine Bekanntschaft mit dem Gastautor Tobia

"Ich habe Tobia im November 2019 in Armenien und zwar in Yerevan im Hostel getroffen. Als wir unsere Nummern tauschten, wartete er gerade auf seine Freundin Florence, welche er in Georgien wiedersehen würde. Er lud mich zu einem Gruppechat zum Thema Baluchistan Crossing ein. In dieser Gruppe tauschten sich Reisende bezüglich dem Durchqueren der pakistanischen Provinz Baluchistan aus. Dies war für mich sehr hilfreich. Von einigen Mitgliedern dieser Gruppe erhielt ich sehr wertvolle Hinweise zum E-Visum Prozess von Pakistan."

Gastbeitrag Serie „Glücklich Reisen in Zeiten von Corona?„

Hier gehts zur Serie Übersicht und weiteren Gastbeiträgen.

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