Eine Stadt voller restaurierter Sehenswürdigkeiten – Samarkand

Samarkand war definitiv touristisch. Ein volles Hostel hatte ich schon ewig nicht mehr angetroffen, vor allem nicht in Tadschikistan. Ein Passant brachte mich zum nächsten. Es war ganz versteckt in einer Seitenstrasse hinter einem niederen Tor. Die Zimmer waren um einen zweistöckigen Laubengang angeordnet. Nach etwa einer Stunde kam der Sohn der Inhaberin und fragte mich, ob ich aus Schweden sei. Ich zeigte ihm meinen Schweizer Pass. Sein Gesichtsausdruck änderte sich.

Spontan angekommen in Samarkand

Das Zimmer sei von schwedischen Reisenden gebucht. Seine Mutter hätte wohl etwas verwechselt. Ich müsse entschuldigen. Er könne mir ein Zimmer im Erdgeschoss zeigen. Ansonsten helfe er mir bei der Suche eines Zimmers in einem anderen Hotel. Jetzt bereute ich erstmals nicht online gebucht oder reserviert zu haben. Das Zimmer war in Ordnung für eine Nacht. Das Internet war aber so langsam, dass das Hochladen von Fotos erneut scheiterte. Nun fragte ich drei Reisebekannte um Rat. Zwei der drei Empfehlungen fielen gleich aus: Trip.Le Hostel sei „the place to go“ in Samarkand.

Die Tour von Bankomat zu Bankomat

Der Standort des empfohlenen Hostel war nur zehn Minuten Fussmarsch entfernt. Dort waren die kunterbunt internationalen Gäste gerade beim Frühstück. Anhand des Frühstückstischs wusste ich, dass ich am richtigen Ort angekommen war. Am Vortag hatte ich vergebens einen funktionierenden Bankomaten in Samarkand gesucht. Darum fragte ich beim Checkin den netten jungen Receptionist um Rat. Er meinte im Hotel Plaza müsste ich einen Bankomaten finden der ausländische Karten akzeptiert. Somit lief ich nun quer durch die Innenstadt. Auf dem Weg entdeckte ich die Ruinen des Kaksaray Palast. 

Die Ruinen des Kaksaray Palasts.

Vor dem pompösen Plaza Hotel von Samarkand brummten zwei grosse Reisecars. In der Lobby wimmelte es von Rentnern in kurzen Hosen und Baseballcaps. Die meisten standen in einer Reihe vor dem Currency Exchange Office. Bei den fünf Bankomaten in der Ecke stand komischerweise niemand. Die matten Bildschirme mit der Anzeige „temporarly out of service“ erklärten mir warum.

Fünf Bankomaten mit matten Bildschirmen oder einer „temporarly out of service“ Anzeige.

Ein Portier erklärte mir den Weg zur nächsten Bank. Diese hatte jedoch keinen Bankomaten. Von dort suchte ich auf meiner Karte die nächste Bank. Zwei Bankomaten erlaubten mir meinen Pin einzugeben und die Geldmenge auszuwählen. Dann druckten sie aber nur einen Papierzettel mit der Aufschrift „System failure“ aus. Meine ersten usbekischen Som aus einem Bankomat lieferte schliesslich ein GRGbanking Automat der Savdogar Bank. Ich beschloss kurzerhand Millionär werden zu wollen. Für Milliardär reichte das Guthaben meiner Prepaid Kreditkarte leider aktuell nicht aus.

Playback Musicalprobe mit Armee und Schule

Von weitem hörte ich Musik. Auf der Karte war ein Theater eingezeichnet. Am Tor des grossen Metallzauns stand eine Gruppe von Tänzerinnen. Sie übten gerade eine Choreografie ein. Nach dem zweiten Durchlauf ging ich zum Theatereingang. Ein freundlicher Touristenpolizist begrüsste mich und hatte Freude an meinem tadschikischen Hut, welchen er als usbekischen Hut verkannte.

Auf der Tribüne um die Arena sassen einige Soldaten und zivile Usbeken. Zuoberst auf der Tribüne sass ein Mann hinter einem Mikrofon. Er gab wohl Regieanweisungen und spielte Musik ein. Soldaten stürmten die Arena. Sie stellten Pulte mit zwei Stühlen hin und traten wieder ab. Später rannten Schüler zu den Pulten und tanzten anschliessend daneben zur eingespielten Musik. Lehrer stellten die tanzenden Schüler auf die richtige Position. Die Akustik war schlecht. Das Echo hallte von den Kulissen zurück. Als die Tänzerinnen vom Eingang an die Reihe kamen, verliess ich die Probe und ging in Richtung Bahn Ticket Office von Samarkand.

Bahntickets im Zentrum kaufen möglich

Seit kurzem hat die usbeksiche Staatsbahn einen Ticketschalter im Stadtzentrum von Samarkand. Damit spart man sich die Fahrt zum Bahnhof, welcher fast sechs Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums liegt. Dieses Ticketoffice erhebt zwar auf die Tickets eine Buchungsgebühr. Sie ist aber kleiner als der Preis einer Taxifahrt zum Bahnhof und zurück. Die Dame am Empfang kann die usbekischen Bahnverbindungen nachschauen. Leider kennt sie aber die grenzüberschreitenden Verbindungen nach Kasachstan nicht. Am Schalter neben dem Empfang kann man dann die Tickets für die innländischen Verbindungen erwerben.

Online buchen sei nicht möglich, versicherte mir das Personal. Im Gespräch mit anderen Reisenden stellte sich heraus, dass die Tickets auch online gebucht werden können, nämlich sowohl bei der russischen Eisenbahn als auch bei der usbekischen Bahngesellschaft. Leider bietet die usbekische Seite nur VISA und UZCard als Zahlungsmöglichkeiten an. Ab dem ersten Oktober 2019 funktionierten die beiden Buchungssysteme jedoch nicht mehr.

Gräber, Mausoleen, Moscheen und Koranschulen

Ich folgte nun den Nadeln auf meiner Karte. Die erste steckte beim Ruhabad Mausoleum. Auf dem Weg dorthin begegnete ich im Park von Ploshchad Kuk Saroy der usbekischen Variante einer hohen Fahnenstange. Im Vergleich zu ihrer grossen Schwester in Dushanbe war diese geradezu nieder. In einem kleinen Laden an einer Hausecke gab es frische Trauben. In der Nähe des Hamid Alimjan Theaters machte sich die „DiaMonD“ fastfood Imbissbude das runde gelbe M zunutzen.Nur eine Strasse und einen halber Park weiter stand ich vor dem Ruhabad Mausoleum.

Es war ein erstaunlich schlichtes Gebäude aus Lehm oder hellen Backsteinen. Etwas weiter südlich empfing mich ein hufeisenförmiges Gebäude. Es war die erste Ansammlung von Souveniershops und Werkstätten, welche ich in Usbekistan antraf. Allerdings definitiv nicht die letze. Im Schatten eines Baumes genoss ich mein Picknick. 

Gure Amir und Ak Saray Mausoleum

Durch ein Tor ging es aus dem Hof der Ruhabad Madrasah (Koranschule) auf den Parkplatz neben der Ruhabad Moschee und dem Hoji Muin Museums. Hoji Muin erinnerte mich kurz an Ho Chi Min, sagte mir aber nichts. Ich ging weiter und stand bald vor dem Gure Amir Mausoleum. Dort traf ich erstmals auf die usbekische Touristen- Polizei. Ein wortkarger Kassier verkaufte fast unsichtbar hinter dem kleinen Fenster des Ticketoffice das Eintrittsticket (25‘000 uzs). Das Mausoleum des Gure Amir war ein sehr verziertes Prachtstück.

Es war, wie die meisten heutigen touristischen Attraktionen in Samarkand, umfassend restauriert worden. Vom Hinterausgang des Gure Amir Mausoleums ist der Bau des Ak Saray bzw. Maqbarsi Mausoleum (10000uzs) zu sehen. Es ist innen wie aussen etwas bescheidener verziert.

Mit der Nazzar App etwas mehr Informationen erhalten

In vielen Sehenswürdigkeiten in Usbekistan können übrigens mithilfe der kostenlosen App Nazzar mehr Informationen zu den Monumenten nachgelesen werden. Die App setzt allerdings Internetzugang voraus. Mit einer lokalen SIM Karte ist dieser für einige Dollar erhältlich.

Der Registran Platz – die Hauptattraktion

Das Stadtbild auf dem Weg zum Registran Platz war vor allem von Gasleitungen geprägt. Unterwegs entdeckte ich einen doppelten Brotbackofen (uzbekisch: tandyr) und einige Lebensmittelläden.

Am Registran Platz stehen heute drei wunderschöne Koranschulen. Wer die ehemaligen Schulen von innen ansehen möchte, kauft sich das Eintrittsticket (40‘000 uzs). Am Eingang sprach mich eine Touristenführerin an. Dilia schien ein akzeptables Englisch zu sprechen. Etwas müde entschied ich mich ihre Erzähl- und Präsentationskünste zu testen. Während einer Stunde (25$) waren wir zusammen unterwegs in den Innenhöfen, Schulräumen, Konferenzsälen und Moscheen der drei Koranschulen (Madrasahs). Jede der Koranschulen verfügt über unterschiedlich viele Schulräume. Darin sollen jeweils drei Studenten gelebt haben und unterrichtet worden sein. 

Zahlen und Fakten zu den Madrasahs

Meine Führerin erzählte mir auch wann welche der Schulen von wem gebaut worden war. Die erste mit 55 Schulräumen und einer Moschee war unter der Leitung eines iranischen Architekten in nur drei Jahren errichtet worden. Um die zweite (mit 48 Schulräumen) nach dem Vorbild der ersten, jedoch ohne Moschee, zu errichten, brauchten die heimischen Architekten dann 17 Jahre. An der dritten (mit nur 26 Schulräumen) wurde 14 Jahre gebaut. Diese verfügt über eine grosse Moschee. Im Grab auf dem Platz zwischen den drei Schulen liegt übrigens ein Metzger. Er soll hier den Studenten Fleisch verkauft und wohl oft auch geschenkt haben.

Schliessung und Restauration unter den Sowjets

Als die Sowjets nach Usbekistan kamen waren die Schulen verwahrlost. Zwar waren bereits in den 30er Jahren erste Anstrengungen unternommen worden, diese Gebäude zu restaurieren. Aber ganz umfassend wurde die Restauration unter den Sowjets in den 60ern angegangen. Seit dann erfüllen die Gebäude nicht mehr die ursprüngliche Funktion als Bildungsstätte. Es sind nun historische Monumente vergangener Zeit und Hauptanziehungspunkt für die Touristen aus aller Welt. Letzteren dient die künstlerisch verzierte Kulisse als beliebtes Selfie Sujet.

Registran Platz nach Sonnenuntergang

Der Registran Platz nach Sonnenuntergang und mit Abendbeleuchtung.

Die Sonne senkte sich gerade am Horizont neben dem Minarett der ersten Madrasah. Ich hatte von so viel Geschichte und historisch restauriertem gebranntem und lasiertem Lehm langsam genug. Nun setzte ich mich auf die Treppe vor dem Platz und wartete. Obwohl heute Abend auch eine Lasershow die Gebäude in ein anderes Licht stellen würde? Nein, ich erlebte ein kurzes, aber wunderschönes Schauspiel. Dieses dauerte etwa 1 Sekunde. Die Dämmerung hatte gerade begonnen. Die Strassenbeleuchtung war schon an. Ich schaute auf den Platz. Nun wurde wie durch Zauberhand genau in diesem Augenblick der Schalter für die drei Fassadenbeleuchtungen gedrückt. Blitzschnell kletterte das Licht den Fassaden hoch und veränderte die dämmrige Stimmung in ein märchenhaftes Ambiente. Andere würden es wohl als simple Fassadenbeleuchtung bezeichnen. 

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